16. Januar 2025 |
In den Farben getrennt, in der Unsachlichkeit vereint. So lässt sich das Verhältnis zwischen manchen politischen Akteuren beschreiben, die sich nominell spinnefeind sind. Anlässlich der Debatten zum Anschlag in Magdeburg habe ich für die Jungle World etwas zur Reflexionsunfähigkeit der digitalisierten Gesellschaft geschrieben. Gerade an diesem Beispiel zeigt sich, dass affektives Denken ein Problem ist, das beide Seiten im digitalen Lagerkampf betrifft. Denn dass wir in postfaktischen Zeiten leben, hat weniger mit den (durchaus vorhandenen) Lügen bestimmter Akteure zu tun als mit gruppendynamischen Prozessen in verschiedenen Milieus. Vereinfacher und Emotionalisierer, die sich die Fakten für‘s eigene Team zurechtbiegen, gibt es links wie rechts – und in den sozialen Medien werden sie gar tonangebend in den jeweiligen Milieus. So sind es am einen Tag Rechte, die Bullshit produzieren, am nächsten Linke (auch wenn das unterschiedlich gefährlich sein mag). Wenn man mal richtig liegt, dann geschieht das zufällig – abhängig davon, ob sich der Affekt gerade mit der Realität deckt. Es sieht daher nur oberflächlich so aus, als würden sie gegeneinander spielen. Tatsächlich spielen sie zusammen im Team Bullshit. Zeit, dass sich milieuübergreifend ein Team Aufklärung bildet, das ihm Paroli bietet: ein Lager gegen die Polarisierer.
Kommentar: Holger Marcks, »Fürs eigene Team die Fakten biegen. Wie soziale Medien unreflektiertes Gruppendenken fördern«, in: Jungle World, Nr. 2/2025 (online hier).
