Noting in the Name

18. Oktober 2025 |

Nach längerer Pause gibt es wieder eine Ausgabe von Machine Against the Rage, dem Online-Magazin für digitale Konfliktforschung. Als Schwerpunktstudie gibt es diesmal eine umfassende Analyse deutschsprachiger Community Notes auf X: jenes Konzept der kollektiven Inhaltsprüfung also, das Möchtegern-Imperator Elon Musk anstelle der bisherigen Faktenchecks setzen möchte. Außerdem blicken wir im Radar auf drei Jahre Monitoring des rechtsalternativen Telegram-Kosmos zurück. Abgerundet wird das Ganze durch eine Analyse, wie sich das Compact-Verbotsverfahren auf die Diskussionen in der Szene ausgewirkt hat, die das rechtsextreme Magazin umgibt. Damit ist der Relaunch des Magazins vollendet, das sich seit diesem Jahr in Trägerschaft des IDZ in Jena befindet. Dort, im Trafo, wurde das Ereignis denn auch mit einem Event begangen, wo die neue Ausgabe vorgestellt wurde – gefolgt von einer spannenden Podiumsdiskussion zur Zukunft von Faktencheck & Co.

Release: Machine Against the Rage, »Noting in the Name of Truth? Community Notes und der politische Streit um Fakten«, Ausgabe Nr. 8 des Online-Magazins für digitale Konfliktforschung, Spätjahr 2025 (online hier).

Vorpolitisch Meets …

6. Oktober 2025 |

… Me. Im Podcast von Sebastian Schnelle (»Vorpolitisch«) – einem Format für gesellschaftliche und philosophische Fragen – sprach ich anlässlich der Veröffentlichung des sozialrepublikanischen Panoramas über ebenselbiges. Zumindest über einen Ausschnitt des Werks, das gerade im Alibri-Verlag erschienen ist. Genauer gesagt drehte sich die Unterhaltung um die Entwicklung der linken Identitätspolitik, von der Alten Linken bis zur heutigen Neolinken. Inwiefern findet sich Identitätspolitik bereits in der marxistischen und anarchistischen Arbeiterbewegung, wie wird sie von der Neuen Linken entfaltet und wie entstand daraus die Neueste Linke? Wer Antworten auf diese Fragen sucht, höre sich die Episode an.

Podcast: Podcast: »Vorpolitisch Meets Holger Marcks«, Vorpolitisch, 5. Okt 2025 (online hier).

Zurück nach vorn

3. Oktober 2025 |

Heute, zum Festtag der bundesdeutschen Demokratie, erscheint offiziell das sozialrepublikanische Panorama als Druckfassung im Alibri-Verlag. Und zwar in drei Bänden. Damit endet die jahrelange Arbeit an einem Projekt, das Felix Zimmermann und ich 2021 als digitales (Hör-)Buch begonnen hatten. So ungewöhnlich die Online-Version ist (die Kapitel wurden über die Jahre seriell veröffentlicht und umfassen verschiedene Inhaltsebenen), so ungewöhnlich ist auch die Print-Version. Hier verteilen sich die Inhaltsebenen auf drei Bände. Den analytisch-programmatischen Perspektiven (Band 1) folgen theoretisch-wissenschaftliche Vertiefungen (Band 2) und schließlich polemisch-satirische Erzählungen (Band 3). Obendrein ist dieser ganze »Trilog« auch noch hybrid angelegt: Über QR-Codes findet man den Weg zu Audio- und Online-Elementen. Worum es bei dem Projekt genau geht, habe ich in einem längeren Memo zusammengefasst.

Trilog: Holger Marcks & Felix Zimmermann, Zurück nach vorn. Ein sozialrepublikanisches Panorama, 3 Bde. (Aschaffenburg: Alibri, 2025); bestellbar hier: Bd. 1, Bd. 2, Bd. 3, alle Bände.

15 Jahre Babylohn

7. Juli 2025 |

Im Rahmen der Reihe »Vergessene Arbeitskämpfe« fand am 3. Juli eine Veranstaltung in Erinnerung an den Arbeitskampf im Berliner Kino Babylon Mitte statt. Hier führte 2009/2010 die Basisgewerkschaft FAU Berlin eine Auseinandersetzung für einen Haustarifvertrag, mit dem u.a. der dort gezahlte »Babylohn« überwunden werden sollte. Obwohl ein kleiner Arbeitskampf, schlug er medial große Wellen, nicht zuletzt, weil er zu einer unrühmlichen Intervention von Linkspartei und ver.di sowie einer politisch-juristischen Auseinandersetzung um Gewerkschaftsrechte geführt hatte. Gezeigt wurde im Kontext der Veranstaltung auch der Dokumentarfilm »Babylon System«, der vom Arbeitskampf handelt, sowie der Mitschnitt einer Podiumsdiskussion Anfang 2010 in der Volksbühne, auf der ich als Vertreter der FAU Berlin zu neuen Formen von Arbeitskampf und kollektiver Organisierung sprach. Ein Bericht zu der Veranstaltung findet sich in der heutigen Ausgabe des ND.

Bericht: Peter Nowak, »Streik im Kino, Punk im Theater. Die Volksbühne erinnert an den Arbeitskampf im Berliner Kino ›Babylon‹ vor 15 Jahren, in: ND, 7. Juli 2025 (online hier).

Engine Room

20. Juni 2025 |

Vor wenigen Tagen haben wir bei Machine Against the Rage unseren hauseigenen Blog eröffnet. Dort, im Engine Room, werden wir nun hin und wieder Beiträge zu aktuellen Themen der digitalen Konfliktforschung bringen. Der Blog ist Teil einer Neuausrichtung von MATR, das seit sich seit diesem Jahr in Trägerschaft des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena befindet. Zum einen erscheint das Online-Magazin jetzt nicht mehr halb-, sondern vierteljährlich, weswegen ein Blog für ein paar Texte zwischendurch nahe liegt. Zum anderen wollen wir das Projekt für andere Wissenschaftler und Themen öffnen. Dazu gehört auch, dass bisher weniger beachtete Positionen sichtbarer gemacht und neuen Ideen wie auch kritischen Debatten Raum gegeben werden soll.

News: Maik Fielitz, »Entering the Engine Room«, auf: Engine Room, 17. Juni 2025 (online hier); zum Blog geht es hier.

Für Kalifat und Vaterland

12. Juni 2025 |

So lautete der Titel meines Vortrags am 11. Juni beim CoRE-NRW Netzwerktreffen 2025 in Düsseldorf. Er gab einen vergleichenden Überblick über Online-Strategien rechtsextremer und islamistischer Akteure. Im Fokus standen dabei die Narrative von einer bedrohten Gemeinschaft (Volk hier, Umma dort) und die Visionen einer Wiedererweckung von Kalifat bzw. Vaterland. Außerdem wurde an konkreten Beispielen aufgezeigt, wie strategische Inszenierungen organische Dynamiken auslösen (sollen) – und wie derlei Dynamiken wiederum strategisch genutzt werden. Ebenfalls in den Blick genommen wurden die ideologische Strukturierung beider Phänomene, aus denen sich unterschiedliche Gelegenheiten und Bezugssysteme ergeben, wie auch die Rolle von transnationalen Verbindungen und Bezügen in digitalen Räumen.

Vortrag: »Für Kalifat und Vaterland. Online-Strategien extremistischer Akteure«, Vortrag beim CoRE-NRW Netzwerktreffen 2025 in Düsseldorf, 12. Juni 2025 (Infos zum Netzwerk hier).

50 Jahre Stammheim

28. Mai 2025 |

Was wäre gewesen, wenn Gudrun Ensslin TikTok gehabt hätte? Die Frage mag surreal anmuten, eignet sich aber, um über Radikalisierung gestern und heute zu sprechen. Das tat ich gerade im Haus der Geschichte zu Stuttgart bei der Veranstaltung »Jung und Radikal – Wie junge Menschen zu Terroristen werden«. Unter diesem Titel brachte die Stuttgarter Zeitung anlässlich des 50sten Jahrestags des Stammheim-Prozesses gegen die RAF Experten und Journalisten zusammen. Im Zentrum der Diskussionsrunde stand die Biografie der schwäbischen RAF-Terroristin Gudrun Ensslin, der sich zwei der Gesprächsteilnehmer (Lea Krug und Felix Frey) auch in einem Podcast für die Stuttgarter Zeitung annehmen. Darüber schwebte aber die Frage, was sich daraus über die Radikalisierung junger Leute lernen lässt. Ein Bericht zu der gut besuchten Veranstaltung findet sich nun in der eben jener Zeitung.

Bericht: Julian Meier, »RAF-Podiumsdiskussion: Warum radikalisieren sich junge Menschen?«, in: Stuttgarter Zeitung, 28. Mai 2025 (online hier).

Alles Lüge?

24. Mai 2025 |

Vergangene Woche fand die Demokratiekonferenz in Leipzig statt. Thema dieses Jahr: »Desinformation & Demokratie«. Dort sprach ich auf dem Panel »Perspektiven auf Desinformation« mit dem Kommunikationswissenschaftler Christian Hoffmann. Zusammen boten wir einen kritischen Blick auf den öffentlichen Diskurs zu Desinformation. Erläutert wurde dabei etwa, warum Desinformation ein überschätztes Problem ist und Probleme der Wahrnehmungsdifferenz unterschätzt sind, wie das Konzept mitunter als Kampfbegriff genutzt wird und der Vereinfachung komplexer Konflikte dient, weshalb der Begriff selbst polarisierend wirken, das Vertrauen in demokratische Prozesse untergraben und der Instrumentalisierung von Ängsten dienen kann. Am Ende stand das Plädoyer für eine saubere Ursachenforschung, die auf Strukturen der politischen Identität blickt – und für eine allgemeine Förderung kritischen Denkens.

Gespräch: »Gefährdete Demokratie? Perspektiven auf Desinformation«, Panel auf der Demokratiekonferenz Leipzig, Mediencampus Villa Ida, 19. Mai 2025 (Programm hier; Kurzbericht hier).

Links-Rechts-Schwäche

22. Mai 2025 |

Die Jungle World hat eine Reihe zu Woke-Kritik gestartet. Dazu lieferte ich den zweiten Beitrag, der die übergeordnete Frage behandelt, ob in Angesicht der rechten Reaktion, die ihre Dynamik auch aus dem Kampf gegen Wokeness zieht, jene Kritik nicht zu überdenken sei. Meine Antwort ist klar: nein. Denn gerade die linke Kritik an Wokeness hat genau vor diesem Backlash stets gewarnt. Er ist die Folge einer paternalistischen Politkultur der Neolinken, mit der große Teile der Bevölkerung – auch und gerade aus den unteren Klassen – vergrätzt wurden. Darauf bauen rechte Erfolge auf. Solange das linke Lager den Klassencharakter ihrer identitätspolitischen Praxen nicht verstanden hat, wird man dem schwer etwas entgegensetzen können. Mehr noch: Der epistemische Modus der Identitätspolitik steht auch für eine intellektuelle Krise der Linken. Es ist eine antiaufklärerische Denkweise, die ähnlich wie früher der Vulgärmarxismus (Stichwort: »proletarischer Standpunkt«) höhere Wahrheiten vorgaukelt, sich in Wirklichkeit aber in dichotomen Freund-Feind-Vorstellungen ergeht. Als solche wirkt sie sektiererisch und dürfte aufgrund ihrer Verbreitung im bildungsbürgerlichen Mainstream die Polarisierungsprozesse weiter antreiben. Denn Wokeness ist noch lange nicht over. Gesamtgesellschaftlich mag sich der Wind gedreht haben; die neolinken Milieus klammern sich aber weiter daran und haben die Tragweite der Problematik bei Weitem noch nicht verstanden. Kritik an Wokeness sollte daher nicht nachlassen. Sie ist bei den allermeisten, die sie pauschal als rechte Erfindung abtun, ja nicht mal angekommen.

Disko: Holger Marcks, »Links-Rechts-Schwäche. Mittels Wokeness bestimmt das Bildungsbürgertum, was als links oder rechts gilt«, in: Jungle World, Nr. 21/2025 (online hier).

Context Matters

27. März 2025 |

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Ideas Connect« sprach ich gestern an der Technischen Hochschule Mannheim, also quasi vor meiner Haustür über den politischen Streit um Fakten. Welche Rolle spielen Fake News, Desinformation und Missverständnisse in aktuellen politischen Debatten? Wie lassen sich Wahrheit, gezielte Manipulation und schlichte Irrtümer voneinander unterscheiden? Das waren die Fragen, denen in einem interaktiven Vortrag nachgegangen wurden. Vorgestellt wurden dabei Beispiele aus dem digitalen Lagerkampf, wo Akteure einen schweren Vorwurf kassierten – und zwar aus Perspektive der Anklage. Das Publikum durfte hier selbst abstimmen, ob man den Vorwurf zutreffend findet. Daraufhin wurde in die Problematik polarisierter Wahrnehmungen eingeführt, um sich dann die Beispiele mit weiterem Kontext vorzunehmen. Abschließend wurde erneut über die Beispiel abgestimmt. Diesmal sollte man beantworten, ob es sich bei dem jeweiligen Vorwurf um die Wahrheit, eine Lüge, Bullshit oder ein Missverständnis handele. Das Ergebnis dieses Experiments: Die Einschätzungen der beiden Runden unterschieden sich zum Teil deutlich.

Vortrag: »Lüge, Bullshit, Missverständnis? Der politische Streit um Fakten«, Vortrag an der Technischen Hochschule Mannheim, 26. März 2025 (Kurzbericht siehe hier).